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Fahrbericht – Toyota Mirai

Veröffentlicht am: 11. März 2020Von
IMG 3689 Toyota Mirai 150Wir haben es schon mehrfach erwähnt: das Jahr 2020 wird elektrisch – und Wasserstoff gehört da auch irgendwie mit dazu. Denn anstatt aus dem Stromnetz, wird der Strom „selbst produziert“; nur Wasserdampf, keine Abgase. Tanken geht so schnell wie #cng oder Benzin / Diesel. Es macht daher Sinn, den Toyota Mirai genauer unter die Lupe zu nehmen.

 

Ist Wasserstoff jetzt „markt-tüchtig“?

IMG 3653 350Ja, aber nicht nur jetzt, sondern schon lange. Bereits vor 15 Jahren sind wir einen Mercedes-Benz A-Klasse gefahren; Kostenpunkt: 500.000 Euro. Der Wasserstoffbus, den wir in Papenburg gefahren sind, hat schlappe 1,3 Millionen Euro gekostet. Auch BMW hat „halbherzig“ an dem Thema geschraubt. Wer sonst? Japan hat mit dem Toyota Mirai und Südkorea mit dem Hyundai ix35 Fuel Cell gezeigt, wie Wasserstoff in Serie geht.

Dann mal los

Genug der Worte. Erfahrung sammeln, kommt von fahren! Wasserstoff Autos fahren, ist so unspektakulär wie Elektroautos: Starttaste drücken, Wahlhebel auf D und los geht es. Gefühlt ist es nicht ganz so spektakulär wie bei einem eAuto. Immerhin beschleunigen der Toyota Mirai auf Tempo 100 km/h in 9,6 Sekunden und 335 Nm Drehmoment stehen praktisch ab Null zur Verfügung. Aber der Toyota Mirai ist ja kein VW up!, sondern ein vollwertiger 4-Sitzer mit fast 2 Tonnen – und natürlich sind wir nicht so oft im Sport-, sondern meist im ECO-Modus unterwegs.

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Das Design ist futuristisch
IMG 3765 h 250Der Toyota Mirai polarisiert. Die meisten finden den „spacig“, cool, anders. Er sticht aus dem „grauen Alltags-Einerlei“ der „normalen“ Autos heraus. Morgens, wenn ich die Enkelin zu Bahnhof bringe, schauen von den anwesenden 50 Augenpaaren mindestens über die Hälfte hinterher. Klar, der Toyota Mirai ist selten. Eigentlich schade, aber fast 80.000 Euro* sorgen für Exklusivität.

Daten & Fakten

  • Leistung: 114 kW, 155 PS
  • Max. Drehmoment: 335 Nm
  • 0-100 km/h 9,6 sec | vmax: 178 km/h
  • Tankinhalt ca. 5 kg
  • Leergewicht: 1.850 kg | Zul. Gesamtgewicht: 2.180
  • CO2-Effizienzklasse: A+ | CO2-Emission: 0 g/km
  • Verbrauch H2, kombiniert: 0,76 kg/100 km
  • Gepäckraum: 361 Liter
  • Reichweite ca. 500 Kilometer, im Alltag eher 430 km bei sparsamer Fahrweise
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Ausstattung

Konfigurieren geht beim Toyota Mirai einfach: Farbe auswählen. Fertig. Wem 17 Zoll zu wenig sein sollten, kann sicher mit dem Händler vor Ort noch einen Austausch verhandeln.

  • 17″-Leichtmetallfelgen
  • Smart-Key-System: schlüsselloses Öffnen/Verriegeln der Türen
  • Abblendlichtautomatik
  • Fernlichtassistent
  • Adaptive Geschwindigkeitsregelanlage
  • Bi-LED-Scheinwerfer
  • Toter-Winkel-Warner (BSM)
  • Rückfahrassistent (RCTA)
  • Klimaautomatik, 2-Zonen
  • Sitzheizung vorne und hinten, 2-stufig regelbar
  • Spurhalteassistent (LDA)
  • Fernlichtassistent (AHB)
  • Pre-Crash System mit Frontkollisionswarner, Fußgänger-/ Radfahrererkennug
  • Verkehrsschildererkennung
  • Fernlichtassistent (AHB)
  • Navigationssystem Touch&Go Plus
  • Multimedia-Audiosystem Toyota Touch2 mit Rückfahrkamera
  • JBL-Sound-System mit 11 Lautsprechern
  • Bluetooth-Audiostreaming und -Freisprecheinrichtung
  • 8 Airbags (inkl. Knieairbag für Fahrer)

Preis 78.600 Euro*

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Der Toyota Mirai im Alltag

IMG 3775 h 250Der Toyota Mirai ist im Alltag völlig easy: losfahren und happy sein. Wir waren meist im ECO-Modus unterwegs. Das spart Wasserstoff und erhöht die Reichweite. Für Überholvorgänge (und natürlich auf der Runde „Landstraße sportlich“) hatten wir Spaß im Sport-Modus.

Der Kofferraum ist mit 361 Litern kein Raumwunder, aber irgendwo müssen die Batterien ja untergebracht werden. Wir hatten das Thema schon bei Ford Mondeo Hybrid. Vier Segeltuchtaschen für vier Personen: das passt. Eine könnte man vermutlich noch zwischen zwei Passagieren platzieren – wenn man will.

Rekuperieren mit BR

Bremsen heißt, wie beim eAuto, eigentlich Rekuperieren. Man tippt vorsichtig auf die Bremse, der Motor wird zum Generator und wandelt kinetische Energie in Strom um. Vermutlich halten die Bremsbelege etwa 200.000 km und müssen erst nach vermutlich 10 Jahren gewechselt werden. Eine weitere sinnvolle Möglichkeit ist, den Wahlhebel nach hinten auf BR zu ziehen. Dann wird automatisch der Tempomat deaktiviert und das Fahrzeug wird stärker verzögert, als wenn man nur kurz das Bremspedal betätigt.

Der Tempomat kann dann nicht wieder aktiviert werden, sondern erst muss der BR-Modus ausgeschaltet werden, in dem man am Wahlschalter wieder auf D stellt. Kurios ist auch, dass der Tempomat erst ab 46 km/h aktiviert werden kann. Das machen – warum auch immer – viele Hersteller. Sinnvoll wäre es doch bereits ab 30 km/h, um mit der exakten Geschwindigkeit durch ein Tempo-30-Gebiet zu fahren – oder?

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Wasserstoff oder eAuto?

IMG 3784 h 250Autohersteller drücken sich um das Thema Wasserstofffahrzeuge, weil keine Tankstellen vorhanden sind. Tankstellenbetreiber scheuen die hohen Kosten, weil kaum Wasserstofffahrzeuge vorhanden sind. Was war zuerst: das Huhn oder das Ei?

Die Vorteile von Wasserstoff sind schnell aufgezählt: es besteht eine ausgereifte Technik und man hat auch gute Reichweiten: um die 400 km und mehr. Es liegt ein schneller Betankungsvorgang vor, in etwa wie bei einem CNG- LPG-Gasfahrzeug, Diesel- oder Benziner-Motor. Der Preis ist stabil; bislang immer 9,50 Euro pro Kilogramm. Ich kann daher problemlos auch größere Strecke zurücklegen. Über eine App (H2 oder H2 Live) überprüfe ich, wo auf meiner Strecke – ohne größere Umwege – eine Tankstelle ist.

Die Nachteile sind auch schnell erwähnt. Natürlich sind fast 80.000 Euro kein Schnäppchen. Wenn ich für einen Hyundai Kona Elektro um die 50.000 Euro* zahle (- 9.000 Euro Umweltbonus). Der Nachteil bei einem Elektroauto: sogar wenn ich an einem Schnelllader mit 350 kW Ladeleistung lade und so je nach Fahrzeug mit 50 bis 150 kW Strom in die Batterie „pumpe“, funktioniert diese Ladegeschwindigkeit bei den meisten Fahrzeugen nur bis zu einer Aufladung von 80%. Danach stehen mir mit diesen etwa 80% von ca. 400 km = 320 km Reichweite zur Verfügung.

Wasserstofftankstellen sind selten

Am Beispiel: südliches Emsland. Wie man auf der App oder auf https://h2.live/ überprüfen kann, gibt es derzeit (06.03.2020) 83 Tankstellen – weitere 9 sind in der Planungsphase, 5 in der Genehmigungsphase und 3 in der Ausführungsphase. Es geht also voran. Leider gibt es bei uns nur zwei Tankstellen in der „Nähe“. Eine ins Hasbergen – ca. 65 km im Osten – und eine in Münster – etwa 65 km im Süden. Will ich nach Hannover, ist das kein Problem: Hasbergen liegt auf dem Weg. Aber schaffe ich es nicht bis Bremen, muss ich entweder über Hasbergen fahren oder gar nach Münster. Denn ab und zu fällt auch mal eine Wasserstofftankstelle aus.

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Tanken ist einfach

Haben Sie schon einmal #CNG (Erdgas) oder LPG getankt? Nein? Das ist ganz einfach. Man schaltet die Zapfsäule mit der Karte frei und drückt die Zapfpistole auf den Gasstutzen. Danach drückt man den grünen Startknopf. Bei Wasserstoff passiert dann irgendwie fast 1 Minute nichts. Vermutlich wird der Druck weiter aufgebaut. Dann wird in etwa zwei bis drei Minuten der Tank mit Wasserstoff befüllt. Nach ziemlich genau 4 Minuten muss man die Zapfpistole abziehen. Fertig. Wir können weiterfahren.

Gerüchte sagen, dass nur ein Fahrzeug schnell betankt werden kann. Dann muss erst der Druck aufgebaut werden. In Münster haben wir es zufällig testen können. Das zweite Fahrzeug wurde genauso schnell betankt wie das erste.

Long-Run

Natürlich ist der Toyota Mirai auch auf den Log-Rung gegangen. Das ist relativ einfach, weil das Ladenetz zwar leider noch nicht so dicht ist, aber bei ungefähr 400 km Reichweite kann man ja mal einen kleinen Umweg einplanen. Das war bei uns nicht nötig. Wir wollten eh nach Münster und haben dort getankt. Witzig war, dass wir dort sogar einen „Wasserstoff-Kollegen“ mit einem Hyundai Fuel Cell getroffen.

Der Long-Run ging nach Bochum (ca. 140 km). Auf dem Rückweg hätten wir wieder in Münster tanken können. Wir entschieden uns allerdings für Herten, denn das liegt auf dem Weg. Eine Tankstelle wäre noch in Gelsenkirchen gewesen. Essen / Mühlheim (Ruhr) wäre nur sinnvoll, wenn wir über die A2 / A31 zurückgefahren wären. In Dortmund ist die nächste Wasserstoff-Tankstelle geplant. Es geht voran.

Der Toyota Mirai macht auch auf der Autobahn eine gute Figur. 175 km/h haben wir mehrmals notiert. Ansonsten lässt man bei 120 bis 130 km/h rollen. Kraftstoffverbrauch bei sparsamer Fahrt so 1,0 kg/100 km. Nach einer kleiner Sprintstrecke 1,2 kg/100 km. Am Ende waren es 1,1 kg/100 km.

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Kraftstoffverbrauch

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Der neue Mirai ab Anfang 2021

Vorgabe Hersteller (vermutlich NEFZ) innerorts | außerorts | kombiniert: 0,8 | 0,69 | 0,76 kg/100 km.

Übergabe: 230 km, 1,2 kg. Daten aus der Historie: 78 km, 0,9 | 34,7 ; 1,8

Wir haben insgesamt viermal getankt. Einen exakten Testverbrauch konnten wir nicht ermitteln, weil das Fahrzeug natürlich nicht vollbetankt übergeben worden ist. Rein rechnerisch hatten wir einen Verbrauch nach dem ersten und dritten Tankvorgang von 633 km, 6,81 kg = 1,07 kg/100 km.

Zu beachten ist, dass der Bordcomputer nur auf ein Kommastelle genau ist. Das bedeutet, dass 1,05 auf 1,1 aufgerundet und bei 1,14 auf 1,1 abgerundet wird. Was einen Fehler von etwa 10 Prozent ausmacht. Ist im realen Betrieb eher akademisch – aber eigentlich ist es schon wichtig, ob ich 450 km oder 500 km weit komme. Ich denke, man sollte eine realistische Reichweite von etwa 400 Kilometern ansetzen. Was passiert, wenn die Anzeige eine Reichweite von 0 km anzeigt? Das haben wir verständlicherweise nicht getestet. Viele Hersteller drosseln dann die maximale Geschwindigkeit.

So testen wir auf der aom-Vergleichsrunde:

Modus 

Strecke [km]

Geschw. [km/h]

Verbrauch [kg/100km]

aom-
Vergleichsrunde

55

68

1,0

Super-Spar

15

58

0,7

Landstraße sparsam

45

58

0,8

Landstraße sportlich

35

77

1,3

BAB sparsam

65

98

1,0

BAB normal

65

115

1,2

Stadt

16

26

0,9

Pendler

30

33

0,9

Testverbrauch nach 1.414 km, ca. 69 km/h, 1,1 kg/100 km

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Ausblick
IMG 3777 Tanken 350Der neue Toyota Mirai 2021 steht in den Startlöchern. Wir haben darüber berichtet (Toyota Mirai 2020). Mehr Power, mehr Reichweite und nettes Facelift. Vermutlich werden wir den neuen Mirai Anfang 2021 vorstellen. Vielleicht zeitgleich mit dem ersten Elektroflitzer von Toyota / Lexus: den Lexus UX 300e.

Fazit

Ob Elektroautos oder Wasserstofffahrzeuge am Ende die Nase vorn haben werden, darüber streiten sich noch die Experten. Um Wasserstoff herzustellen, wird vergleichsweise viel Elektroenergie benötigt. Wasserstoff kann aber auch als Speicher für Elektroenergie benutzt werden, falls die Sonne scheint und es zusätzlich kräftigt windet.

Der Toyota Mirai hat auf jeden Fall richtig viel Spaß gemacht. Es ist ein ausgereiftes Auto ohne Schwächen. An dem „Makel“, dass es zu wenige Wasserstofftankstellen gibt, wird kräftig gearbeitet, dies abzustellen. Europaweit sind 46 weitere Tankstellen in der Realisierungsphase: Eine in Wuppertal, aber leider keine am Autobahnkreuz A30 /A31.

Volkswagen Caddy CNG

IMG 0806 Caddy 350Das nächste Testfahrzeug ist ebenfalls „etwas exotisch“: der Volkswagen Caddy (Fahrbericht VW Caddy TGI (#cng)), diesmal als Maxi und als Reichweitenkönig. Mit 37 Kilogramm Erdgas (CNG) soll der Caddy Maxi 730 km (ca. 5 kg/100 km) nur mit Erdgas fahren können (Fahrbericht – VW Caddy Maxi).

Wir hatten mit dem Caddy TGI (#CNG) einen Testverbrauch von 5,5 kg/100 km. Setzt man einen realistischen Verbrauch von etwa 6 kg/100 km an, kommt man immerhin etwa 620 km weit + 13 Liter Benzin = ca. 150 km, macht eine Gesamtreichweite etwa 770 km. Das wollen wir testen.

* Alle Preise ohne Gewähr, Stand: 03-2020

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Fotos © 2020 Redaktionsbüro Kebschull

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