VDA fordert mehr Geschwindigkeit
Auf- und Ausbaus der Erneuerbaren Energien
Wichtig spürbare Planungsbeschleunigungen in allen Sektoren sowie eine realistische Bestandsaufnahme aktueller Entwicklungen im Bereich des Auf- und Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der digitalen Infrastruktur dringend erforderlich, um die ambitionierten Ziele tatsächlich und planmäßig zu realisieren.
„Wir haben einen Paradigmenwechsel in der Industriepolitik und brauchen ein Ende der theoretischen Debatten um die Klimaziele. Es geht um die konkrete Umsetzung des Beschlossenen. Klima und Industriepolitik werden zusammengeführt. Das ist richtig so“, erklärt VDA-Präsidentin Hildegard Müller bei der Jahreseröffnungspressekonferenz des Verbandes.
„Unser Planet braucht entschlossenes Handeln. Jetzt ist die Zeit der Umsetzung! Der Fokus liegt nun auf der Infrastruktur und den Rahmenbedingungen. Das sind die entscheidenden Faktoren, damit die Industrie die engagierten Ziele umsetzen kann. Die gewaltigen Aufgaben, die vor uns liegen, können wir nur mit langfristigem gesellschaftlichen Rückhalt bewältigen – deshalb ist es wichtig, die verschiedensten Lebensrealitäten der Menschen zu berücksichtigen und den Wandel sozialverträglich zu gestalten“, so Müller.
Ladeinfrastruktur / Erneuerbare Energien
Ladeinfrastruktur: „Die Lücke wird größer, nicht kleiner. Eine Lücke, die uns den Erfolg kosten kann. Scheitern ist aber keine Option. Die Verbraucherinnen und Verbraucher benötigen ausreichend Lademöglichkeiten. Die Lücke muss so schnell wie möglich geschlossen werden. Deshalb braucht es zeitnah einen Ladegipfel, der alle Beteiligten einbezieht. Wenn Deutschland sein aktuelles, bescheidenes Tempo beibehält, haben wir 2030 gerade einmal rund 160.000 Ladepunkte – nicht einmal ein Sechstel der angestrebten 1 Millionen. Deshalb: Mehr Geschwindigkeit beim Ausbau, bitte“, fordert Müller.
Erneuerbare Energien: „Nur wenn E-Autos mit 100 Prozent Ökostrom getankt werden, leisten sie ihren Beitrag zu klimaneutraler Mobilität. Zudem werden die Anforderungen an das Stromnetz durch den Hochlauf der E-Mobilität weiter steigen. Der Netzausbau ist also die Grundvoraussetzung, um die Mobilität der Zukunft zu ermöglichen – und muss entschlossener vorangetrieben werden“, fordert Müller. „Erneuerbare Energien werden zudem für die Produktion von E-Fuels und Wasserstoff benötigt – der Bedarf ist also stetig wachsend. Diese Menge wird nicht allein in Deutschland hergestellt werden können“, so Müller. „Deutschland braucht daher engagierte Programme für Energie- und Rohstoffpartnerschaften, eine aktive Rohstoffaußenpolitik – eine Außenpolitik, die sich auch als Klimapolitik versteht. Die Märkte werden aktuell aber weitgehend ohne uns verteilt. Deutschland muss hier schneller aktiv werden und strategisch vorgehen“, warnt Müller.Digitalisierung: „Der internationale Wettbewerb ist enorm – Deutschland kann sein Potential nicht entfalten, da es immer noch kein flächendeckendes 5G-Netzwerk gibt. Wenn der Ausbau der digitalen Infrastruktur nicht beschleunigt wird, fällt der deutsche Standort international zurück“, so Müller.
Halbleiter- und Batterieproduktion: Die Wertschöpfung im E-Automobilbau erfordert neue Produktions- und Beschaffungsprozesse. „Wenn Deutschland auch Weltmarktführer der Zukunft sein will, dann braucht es jetzt den Aufbau von Halbleiter-Fabriken. Der EU Chips Act ist dabei eine wichtige und richtige Initiative, um die Industrie insgesamt durch den Aufbau von europäischem Know-how und Fabriken zu stärken, den steigenden Bedarf an Halbleitern zu decken und unabhängiger von internationalen Lieferschwierigkeiten zu werden. Gerade auch um den Eigenbedarf für Zukunftsprojekte – wie vernetztes oder autonomes Fahren – sicherzustellen, braucht auch die Autoindustrie diese Versorgungssicherheit. Nur wenn Europa selbst in diesen Markt einsteigt, können wir eine weltweite Führungsrolle auf den Märkten der Zukunft einnehmen“, so Müller. Diesen Aufbruch braucht es auch bei der Batterieproduktion, erklärt Müller: „Erste Planungen zum Ausbau der Batterieproduktion in Deutschland und Europa existieren bereits. Wichtig ist die zeitnahe Umsetzung der Planungen, damit die Wertschöpfung für die Automobilindustrie in Europa gehalten werden kann.“
- Mercedes-Benz – Feststoff-Batteriezellen
- Audi – Batterien braucht das Land
- 2019 – VW Werk für Batteriesysteme in Braunschweig
„Die Autoindustrie ist Treiber der Transformation und investiert allein bis 2026 220 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung; hinzu kommen noch die Ausgaben für den Um- und Neubau von Werken. Jeder zehnte Arbeitsplatz in Deutschland steht in Verbindung zu unserer Industrie. Um unser Potenzial in Deutschland weiter voll zu entfalten und in allen Bereichen zu nutzen, sind Infrastruktur und Rahmenbedingungen das notwendige Gerüst – und dieses Gerüst ist noch nicht tragfähig“, resümiert Müller.
„Entscheidend für eine erfolgreiche Transformation ist darüber hinaus eine soziale Flankierung, die garantiert, dass Mobilität weiter für alle zugänglich und bezahlbar ist – und der gesellschaftliche Rückhalt langfristig gesichert wird. Dialog und aufklärende Kommunikation sind dafür ebenso Voraussetzung: Der VDA steht für konstruktiven Austausch mit Fakten und Ideen, mit dem Interesse an gemeinsamen Lösungen“, so Müller.
Deswegen richtet Müller das Gesprächsangebot an diejenigen, die andere Auffassungen haben.
Müller betont dabei: „Friedlicher Protest ist ebenso wertvoller Teil der Demokratie wie die Entscheidungsprozesse, die – insbesondere beim Thema Klima – dem Ausgleich aller berechtigten Interessen und der sozialen Ausgestaltung dienen. Auch die deutsche Autoindustrie wünscht sich schnellere politische Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse, gerade auch um Fortschritt zu ermöglichen. Deswegen auch das Leitmotiv in unserer Botschaft: Mehr Geschwindigkeit bitte! Unsere Überzeugung ist, dass wir dafür mehr und nicht weniger Demokratie brauchen. Wirksamere und schnellere Prozesse stärken unsere Demokratie. Und wirksam sind sie dann, wenn sie in konstruktiver Debatte – mit dem Mut zur Entscheidung – entwickelt werden.“
Marktprognose 2022: Im Rahmen der Pressekonferenz verkündet Müller außerdem die Marktprognose: „Für das Jahr 2022 erwarten wir für den Pkw-Weltmarkt mit einem Plus von 4 Prozent ein ähnliches Wachstum wie im Jahr 2021. Damit würde im Jahr 2022 der Höchststand des Pkw-Weltmarktes aus dem Jahr 2017 noch um knapp 13 Prozent unterschritten. Die Märkte in den Vereinigten Staaten und China dürften um 2 Prozent zulegen, Europa ist aktuell noch deutlich weiter vom Vorkrisenniveau entfernt und dürfte unter anderem bedingt durch Nachholeffekte um 5 Prozent zulegen. Der VDA erwartet für 2022 ein Wachstum des deutschen Marktes von 7 Prozent auf 2,8 Mio. Pkw. Für das Jahr 2022 wird eine Inlandsproduktion von 3,5 Mio. Einheiten erwartet. Dies ist ein Plus von 13 Prozent, entspricht jedoch nur dem Produktionsniveau des Jahres 2020. Die Auslandsproduktion dürfte in diesem Jahr um 5 Prozent auf 9,9 Mio. Einheiten zulegen.
Bei den Nutzfahrzeugen ist die Nachfrage sehr kräftig. Hier trifft sie jedoch ebenfalls durch Engpässe auf ein beschränktes Angebot. Wir erwarten, dass in Europa in diesem Jahr 8 Prozent mehr schwere Nutzfahrzeuge zugelassen werden, in den Vereinigten Staaten dürften es 5 Prozent sein.“
Kommentar
Mich würde mal interessieren welchen Dienstwagen die VDA-Präsidentin Hildegard Müller fährt. Denn oft habe ich das Gefühl, das die Entscheider, egal ob im VDA oder die Bosse der Automobilhersteller gar nicht die Elektromobilität „erleben und erfahren“.
Denn wenn die Entscheider, wie wir, abends noch einmal 30 Minuten an einer Ladesäule stehen und mit mickrigen 50 bis 70 kW laden, um nach Hause zu kommen, würde man dort ein Schwerpunkt setzten.
Genauso Photovoltaik. Wir haben ein Eigenheim mit Walmdach. Hier müsste es ebenso ein einfaches Förderprogramm geben wie bei den eAutos. Beispiel Photovoltaik Anlage: Kosten z.B. 25.000 Euro werden mit 10.000 Euro gefördert. Auskunft erteilt die KfW. Aber was dort steht, hat mich nicht motiviert…
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Fotos © Redaktionsbüro Kebschull