Felix Sutschek

Porsche Panamera Diesel

Veröffentlicht am: 27. Februar 2012Von
[02-2012] Wer direkt vor dem Panamera steht wird erst mal schlucken. Riesig. 4,97m lang, 1,93m breit und wahnsinnige 2 Tonnen schwer. War ja klar, der soll kein Leichtgewicht sein, er will verwöhnen und schmeicheln, und unserer, als Diesel, will auch noch sparen.

Porsche Panamera Diesel – Der fliegende Buckelwal

Felix SutschekGut, beim Kaufpreis wohl kaum, unser Testwagen kostet, mit Navi und Leder und Luftfederung und adaptiven Sportsitzen stolze 111.000€. Aber einen Porsche fährt man auch, um zu zeigen, dass man finanziell grad keinen Engpass hat. Neider muss man ignorieren können. Sei’s drum, einsteigen in eine andere Welt. Tür zu und alles Drumherum draußen lassen. Kaum ein Wohnzimmer wird mehr Behaglichkeit bieten, mehr Wohlgefühl. Und selbst Raumschiff Enterprise wird kaum weniger Knöpfe auf der Bedienkonsole haben als dieses, na ja, Ungetüm.

Der Kofferraum (445l) wird nicht für neue Rekorde taugen, aber egal auf welchem der vier Sitze man sich niederlässt, ein unglaublich wohliges Behagen wird einen empfangen. Auf den hinteren Sitzen muss man beim Einsteigen ein klein wenig auf den Kopf aufpassen, aber wenn man mal drin ist, weiß man sofort, wie es sich anfühlen muss Konzernchef oder Big Boss zu sein. Ein Radstand von 2,92m sorgt dafür, dass man sich hinten keine Gedanken darüber machen muss, wie groß der Vordermann ist. Eher sorgen darum, wie klein. Dann nämlich wandert der Vordersitz so weit vor, dass man an die darin eingebaute Tasche gar nicht mehr rankommt…

Vorne hinters Lenkrad gesetzt, oder, um es dem GrandTourismo gerecht zu formulieren, hinters Volant, werden die vielen Knöpfe erst mal irritieren. Die Klimabedienung ist etwas unübersichtlich weit vorne und zum Teil versteckt hinter dem Automatikwählhebel platziert. Wozu gibt es den Wählhebel überhaupt noch? Was genau können die Knöpfe überhaupt? „Sport“ und „Sport Plus“ sind die wichtigsten. Ein anderer kann den Spoiler ein- und ausfahren. Beim 911er sehe ich das noch ein, beim Panamera ein fast schon unangemessen Feature – oder? Dafür sucht man das Abstellen der Parktronik erst mal vergebens, deren Bedienknopf ist nämlich in der „Dachbedieneinheit“ untergebracht. Wie im Hubschrauber. Der Touchscreen in der Mitte bietet allerlei Informationen, selbst Rundenzeiten kann das System messen.

Wer braucht einen V8?

Na dann mal los. Der prorschelike links angebrachte Schlüssel startet das Diesel-Triebwerk. Aber viel merkt man nicht. Der Motor läuft nahezu vibrationsfrei und unhörbar. Wenn man ihn aber fordert wird der Sound zunehmend kerniger und der Vortrieb ist besser als es die Eckdaten befürchten lassen. Gut 184kW (250 PS) stehen mehr als 2000kg gegenüber. Dafür zerren ab 1750 U/min gewaltige 550 Nm am Antriebsstrang. Das Getriebe, serienmäßig mit ACHT(!!!) Stufen ausgerüstet, ist fleißig mit Schalten beschäftigt. Um den Verbrauch zu reduzieren, hat Porsche der klassischen Wandlerautomatik eine Überbrückungskupplung spendiert. Zusätzlich gibt es noch eine Stand-Abkopplung und eine Auto-Start-Stop-Funktion. Natürlich kann man auch mit den Schaltwippen am Lenkrad schalten oder über den Wählhebel. Da aber ist die Logik ist meiner Meinung nach  immer noch verkehrt. Die Gangwechsel finden nicht so sanft und unbemerkt statt wie bei dem 7-Gang PDK im Porsche 977 GTS .

Wenn man manuell schaltet, muss man die Verzögerung mit einkalkulieren, beim schnellen Beschleunigen hängt man da noch viel schneller im Begrenzer. Auf unserem Handling-Parcours auf dem ADAC FSZ in Augsburg schlägt sich der Panamera erstaunlich gut. Die zwei Tonnen Lebendgewicht kann er nicht wegleugnen, er schiebt kräftig nach außen. Gut, unser Kurs ist sehr eng und winklig, dem Panamera kommt das nicht entgegen. Mit einer Mischung aus untersteuern und rutschen über alle viere, gehen wir die Kurve an. Mit entsprechend Gas kann man das Heck zu einem gewagten Mitlenken bewegen (s.a. Video auf YouTube ). Das ESP ist stets präsent und hält die Fuhre im Zaum. So viel Gequietsche hatten wir schon lange nicht mehr. Alle Redakteure haben sichtlich Spaß. Der Panamera geht gut, liegt gut und bleibt dennoch sehr komfortabel. Selbst wenn man ESP ausschaltet, bleibt es als Wächter im Hintergrund, erlaubt aber leichte Drifts. Und das mit einem Diesel GrandTourismo.

Spagat zwischen bequem und Sport gelungen

Der Panamera Diesel kann also den Spagat zwischen bequem, gemütlich und sportlich Ambitioniert. Und ja, er kann tatsächlich sogar sparen. Wir haben ihn meist mit ca. 7,5l Diesel / 100km bewegt, zum Teil sogar deutlich darunter.

Bleibt die Frage nach dem Sinn. Mit dem 991er hat im Porsche 911 jetzt die Rückbank mehr Platz erhalten, ist angeblich mehr als nur ein Notsitz. Wer also nur in Notfällen jemanden mitnimmt kann gleich den neuen 911er holen. Und die Zuladung des Panamera ist auch leicht begrenzt. 2t Lebendgewicht bei unserem Testexemplar und nur 2,5t Maximalgewicht? Macht 500kg Zuladung, auf vier Passagiere mit Gepäck kann das ganz schön eng werden. Aber all diese Zweifel können nicht über das erhabene Gefühl hinwegtäuschen, das einen beschleicht, wenn man diesen Koloss fährt.

FAZIT

Der Panamera Diesel hat alles was ein GrandTourismo braucht. Schön vielleicht nicht – das ist auch Geschmackssache, aber sparsam, komfortabel, auf Wunsch sportlich und immer souverän. Abgesehen von leichten Unpässlichkeiten bei der Bedienung und dem stolzen Preis ein Stück Ingenieurskunst das zu begeistern versteht.

Fotos © 2012 Redaktionsbüro Kebschull

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