Felix Sutschek

2011 – Fahrbericht AUDI RS3 340PS

Veröffentlicht am: 17. November 2011Von
11-2011 – Die Sonne hat sich zwar angekündigt, will aber partout nicht aus ihrem Versteck im Nebel hervor kriechen. Hell wird es, aber nicht wirklich schön, und warm schon gar nicht. Egal, der Audi RS3 wartet darauf gefahren zu werden. Regen oder Schnee wäre schlimmer.


Kravallmaschine mit Manieren?

Felix SutschekJetzt stehen wir uns gegenüber, das A3 Monster und ich. Optisch gibt er den „Kravalligen“. Breite Spur, riesige 19 Zöller, silberne Applikationen überall. Wo beim S3 nur die Spiegel in Silber sind, sind beim RS3 die Frontspoiler-Lippe, die Spiegel, Zierleisten an den Türgriffen und Teile des Heckspoilers in Silber gehalten. Hebt sich schick ab und gefällt. Die riesigen Lufteinlässe scheinen die Straße aufsaugen zu wollen. Durch die breite Spur wirkt er gedrungen und kraftvoll. Toll anzuschauen. Gefällt, vorausgesetzt man kann damit leben, dass man auffällt.

Die Sportlichkeit setzt sich innen fort. Sportsitze, Sportlenkrad, Schaltpaddel am Lenkrad. Chic, chic. Die Verarbeitungsqualität ist typisch Audi – also mustergültig. Gut, die Klimaanlage ist zu tief platziert und die Sitze sind etwas zu hoch, aber damit kann man sich abfinden. Kofferraum ist groß genug um fünf Wasserkisten problemlos unterzubringen, praktisch ist der Audi A3 RS also auch. Er hat ja auch fünf Türen, kann also den Familientransporter geben. Hinten sollte man allerdings Personen über 180cm ersparen. Nicht wegen mangelnder Kopffreiheit, aber Beinfreiheit gibt’s kaum, und die Kopfstützen sind für größere Menschen nicht einstellbar.

Der Motor wird noch klassisch mit dem Schlüsseldreh gestartet. Das erwartete Donnerwetter bleibt aber aus. Der Fünfzylinder schnurrt säuselnd vor sich hin. DSG aktivieren und los. Auf den ersten Metern fällt gleich die indifferente Lenkung auf. Erinnert mich an die aktuelle E-Klasse. Leichtgängig, vermutlich auch präzise, aber bei mir kommt kein Feedback an. Was soll das? Ich dachte der RS3 will sportlich sein? Naja, vielleicht wird es ja besser wenn man die Sporttaste drückt. Das soll später sein, erst mal cruisen. Das Fahrwerk ist straff, kurze Stöße kommen durch, aber es wirkt nicht übertrieben. Die Automatik schaltet unauffällig und ohne spürbare Schaltpausen. Den Allrad merkt man nicht. Der Motor ist kaum wahrzunehmen. Ein Cruiser mit etwas straffem Fahrwerk. Ich gleite Richtung Hausstrecke und ärgere mich über die Lenkung. Irgendwie komm ich nicht damit klar, nicht zu spüren, was die Vorderachse macht.

Sporttaste und Klappenauspuff

Endlich betätige ich dieSporttaste. Ein mechanisches Klicken aus dem Auspuff signalisiert mir, dass die Auspuffklappe geöffnet wurde. Ahhh, da ist es, das Biest. Automatik auf „S“ und ab geht die Post. Ein faszinierendes Erlebnis, wie schnell ein Auto in den Bereich jenseits der Legalität vorstoßen kann. Abartig. Das eigentlich unglaubliche ist, dass der Motor wirkt, als habe er Kraft ohne Ende, aber doch ist er der begrenzende Faktor bei der Beschleunigung. Einfach weil der Quattro so viel Traktion aufbaut. Im ersten Gang kommt man gar nicht damit hinterher den Drehzahlmesser zu beobachten. Der schnellt genau so schnell hoch wie im Leerlauf. Buchstäblich der Ritt auf einer Kanonenkugel. Schlimmer, ein Flug mit einem Marschflugkörper?  Nein, dank Quattro, zieht der RS3 auch aus Kurven raus, als gäbe es kein Morgen.

Und wieder kommt die „matschige“ Lenkung dem Fahrspaß in die Quere. Das Auto ist untersteuernd ausgelegt. Er schiebt immer leicht über die Vorderräder. Nicht wirklich schlimm, und im Vergleich zu einem Fronttriebler ist es geradezu unverschämt direkt. Aber das fehlende Feedback trägt dazu bei, dass ich nicht einschätzen kann, was genau noch an Reserven da ist. Das ist nicht tragisch auf einer öffentlichen Straße, wo man ja immer weit unter dem Potential eines solchen Autos bleibt. Aber von einem RS3 erwarte ich, dass ich damit Rundenzeiten pulverisieren kann. Wenn ich aber das letzte Quäntchen nicht rausquetschen kann, weil ich das Limit nicht fühlen kann, wird’s damit nichts. Da hilft es auch nicht viel, dass die Lenkung im Sportmodus direkter wird. Und wenn wir schon dabei sind: Das DSG ist prima, vor allem im Automatikmodus, aber beim „Manuellen“ schalten fand ich die Denkpausen etwas zu lang. Beim Porsche Cayman R war es so, dass beim Betätigen der Schaltwippe der Gangwechsel auch stattfand. Beim RS3 betätige ich die Schaltwippe, lasse sie los, umschließe wieder das Lenkrad, und dann erst kommt der Schaltvorgang. Dann lieber auf „S“ stellen und schalten lassen…

Der Sound des aufgeladenen Reihen-Fünfers ist Musik vom Feinsten. Im mittleren Drehzahlbereich komponiert er mir schönste Symphonien. Zwar faucht er nicht so böse wie der Ford Focus RS   es durch das Wastegate tat, und an dessen unverschämte Lautstärke kommt der Audi RS3 auch nicht heran, aber es bleibt ein purer Fünfzylinder. Für mich bis dato das schönste Motorengeräusch. Gut dass man das Gurgeln nicht hört, das er sich beim Spritschlucken auch gönnt, denn 340 PS wollen getränkt werden. Unter 8,5 l/100km bin ich beim besten Willen nicht gekommen, dank „S“-Modus und „S“-Schaltstellung waren es eher irgendwo zwischen 11 und 13 Liter, und das von dem edlen Zeug.

Fazit: Mr Hyde im Anzug von Dr. Jeckyll. Generation Playstation wird sich wohlfühlen, die vermissen das Feedback von der Lenkung nicht. Mir persönlich ist er nicht konsequent genug und nicht kompromisslos genug auf sportlich getrimmt. Aber Quattroantrieb in Verbindung mit diesem Motorsound und derart viel Punch entschädigen durchaus…

Fotos © 2011 Redaktionsbüro Kebschull

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