Das Ende der Leidenschaft?
Der Herbst ist da
Morgens aufs Motorrad und ab zur Arbeit ist zwar theoretisch immer noch möglich, und sicher werden mich hier viele als notorischen Ignoranten schimpfen, aber Spaß hat man da sicher kaum noch. Selbst wenn das geliebte verdunkelte Visier durch das normale, klare, ersetzt wird, ist es morgens einfach zu dunkel.
Motorradscheinwerfer sind eher dafür geeignet, um gesehen zu werden, aber nicht um viel zu sehen. Feuchte Stellen auf der Straße erkennt man also schon mal nicht mehr. Die Verunreinigungen, die unsere lieben Kollegen Landwirte hinterlassen, bemerkt man auch kaum noch mit genügend Vorlauf.
Und dann immer dieser Nebel! Feucht kriecht er unter die Lederhandschuhe und die Arme hinauf unter die Lederkombi. Der Helm beschlägt, innen, außen, überall. Mit dem Finger übers Visier wischen ist auch nicht immer hilfreich, und wenn dann sicher nicht von Dauer. In Verbindung mit den niedrigen Temperaturen sorgt das für eine gewisse Steifheit in den Gliedern. Ja, ich meine die Finger. Und das, obwohl es gerade bei Nässe und Kälte auf Fingerspitzengefühl ankommt. Jeder mit Traktionskontrolle wird jetzt milde lächeln, aber alle anderen, die schon das eine oder andere Mal einen Rutscher hatten, werden ansatzweise verstehen können was ich meine.
Gut, ich könnte jetzt meine Klamotten für den Herbst umstellen. Dicke Handschuhe, dicke Jacke, dicke Hose… aber:
- erstens hab ich so was nicht in einer noch passenden Größe. Ab einem bestimmten Alter wächst man in alle Dimensionen.
- Zweitens habe ich die Erfahrung gemacht dass die dicken Klamotten auch nicht so viel besser sind.
- Drittens sieht es einfach sch… aus. Auf meine Mopete gehört ne Lederkombi in passender Farbe!
Will sagen: Eine zusätzliche Schicht unter die Kombi packen und mit viel Fingerspitzengefühl die vielen wilden Mustangs auf der nassen Straße im Zaum halten.
Wenigstens kann man dann mittags bei noch brauchbaren Temperaturen auf Umwegen wieder Heim fahren. Jetzt wäre das verdunkelte Visier wieder recht, aber ne Sonnenbrille tut’s auch. Die vielen, durch Traktoren gezogenen Spuren auf der Ideallinie, verdeutlichen den Herbst. Spätestens jetzt sollte einem klar werden, dass jeder Feldweg zu einer potentiellen Gefahrenstelle geworden ist. Wo genau der nächste Trecker rausschießt, lässt sich nicht immer richtig prognostizieren. Und die meisten Autofahrer scheinen auch in so was wie Herbstmüdigkeit verfallen zu sein. Gut, nichts besonderes, aber jetzt werden sie noch durch die tief stehende Sonne geblendet.
Mir alles egal. Locker beschwingt langsam vor mich „hineiernd“, fahre ich meiner Lieblings-Feierabendrunde entgegen. Die Straße ist zu nem Offroadparcours verkommen, da liegt tonnenweise Erde auf der Spur. Also noch viel langsamer als sonst fahren. Knie auf den Boden iss da nicht.
Ergo: kein erfolgreicher Tag.
Zum Abschluss Hockenheim – Das habe ich mir gegönnt
Letzter Ausweg Touristenfahrt. In meiner Verzweiflung suche ich Trost auf der Rennstrecke. Perfektes Moppedwetter: 22°C und Sonne. Ab nach Hockenheim. Schwierige und verdammt langwierige Anfahrt. Alleine. Keiner wollt mit. Endlich dort, bin ich erst mal schockiert. Die wollen alle auf die selbe Strecke? Zur gleichen Zeit? Das sind doch über 100!!! Ob das gut geht? Sind doch fast alle Leistungsklassen und Bauarten da. Aber das Fahren selber klappt dann doch. Keiner wird abgeschossen, keiner fliegt raus. Ich selber hab irgendwo mal nen Bremspunkt verpasst und dafür ne geschüttelte Faust kassiert von dem schnellen hinter mir. Aber wenigstens war ich nicht der langsamste. Nach dem zweiten Turn ist die Bremse endgültig durch und die Reifen zu warm. Und ich am Ende.
Fazit: ungefährlicher ist es hier auch nicht.
Also ab nach Hause und die vermutlich letzte Fahrt bei schönem Wetter genießen. Das Kochertal genießen. Möglichst intensiv wahrnehmen, es kann sein, dass es ne Weile dauert, bis ich wieder ne Runde drehen kann…vielleicht sogar erst nächstes Jahr wieder…
Fotos (c) 2009 Redaktionsbüro Kebschull