Holger Mertens

Chaos creates Cash

Veröffentlicht am: 3. September 2009Von
09-2009 – Für einige Wirtschaftszweige ist dieses Motto eine immer fortlaufende finanzielle Lebensader. Dienstleister, die für große Firmen arbeiten, bekommen dadurch langfristig lukrative Aufträge. Ist aber eine Privatperson finanziell dadurch betroffen, dass Werkstätten immer wieder ein Chaos an Autos produzieren, ist es mit der allseits hochgelobten deutschen Qualität leider nicht mehr so toll.

Lenkrad steht schief, der Wagen läuft nach links

Holger MertensWie gut ist es mit der Qualität unserer Werkstätten und des Handwerks bestellt? Diese Frage darf man sich heutzutage durchaus stellen. Bekannte Automagazine führen immer wieder groß angelegte Werkstättentests durch. Die Ergebnisse sind von sehr guten Leistungen bis hin zu sehr schlechtem Abschneiden der Werkstätten.

Leider musste ich mal wieder feststellen, dass gerade auch die Meister von qualitativ guter Arbeit noch weit entfernt sind. Logische Zusammenhänge in Bezug auf Technik und der draus resultierenden und notwendigen Arbeiten werden nicht erkannt.
Am Montagabend wurde ein Termin zur Hauptuntersuchung vereinbart. Der Annahmemeister sah in seinem Kalender nach ob noch ein Termin machbar wäre. "Klar, kein Problem sagte er, wir machen das schon"! Danach ging ich mit recht gutem Gefühl aus der Werksatt, wohl aber mit der Gewissheit, dass eventuelle Reparaturen anstehen könnten.

Am Morgen des anderen Tages ging auch prompt das Telefon. Der Werkstattmeister teilte mir mit, dass an der Vorderachse der hintere Querlenker der linken Seite an der Gummibuchse ausgeschlagen sei, und erneuert werden müsse. Das wäre der einzige Mangel am Fahrzeug – nach dem Austausch bekäme der Wagen die Plakette. Ich hatte darauf den Auftrag erteilt die Reparatur auszuführen. Bei der Übergabe des Fahrzeugs fragte ich dann nach der Reparatur und ließ mir das defekte Bauteil zeigen. Auf meine Frage hin, ob denn jetzt alles in Ordnung sei, bekam ich die Antwort: "Der Wagen ist Probegefahren worden und alles ist bestens". Bei dem Gespräch ist mir dann der Gedanke gekommen, wie es denn nun mit meiner Spur an der Vorderachse bestellt ist. Der Wagen lief vor der Reparatur einwandfrei geradeaus. Da der Prozess eines defekten Gummilagers ein längerer ist, könnte es sein, dass an der Spur schon mal eine Einstellung statt gefunden hat. Durch diesen Umstand hin, war die Spur auch auf die falsche Achsgeometrie eingestellt – und musste somit jetzt wieder kontrolliert und eventuell neu justiert werden. Auf meine erneute Frage hin, ob der Wagen wirklich gerade aus läuft, bekam ich wieder die Antwort, alles wäre in Ordnung.

Alles in Ordnung?

Ich bezahlte die Rechnung und ging mit dem Werkstattmeister aus der Werkstatt. Für jemand, der nicht vom Fach ist, würde nun mit diesem Auto sorgenlos bis zur nächsten HU fahren. Der Prüfer hat ja nachgesehen und den Wagen für Verkehrsicher eingestuft.

Auf der Heimfahrt merkte ich schnell, dass ich leider Recht hatte. Das Lenkrad steht nun schief und der Wagen läuft nach links. Ich fühlte mich mit meiner Theorie zur Achsgeometrie voll bestätigt. Der Wagen hätte nach einem Austausch einer Fahrwerkskomponente an der Vorderachse neu eingestellt werden müssen. Die Reifen verschleißen nun stark an der Innenflanke. Die Fahrwerkskomponenten werden dauerhaft viel stärker belastet. Der Kraftstoffverbrauch steigt, weil die Räder nicht sauber in der Spur laufen. Wenn nun der Wagen so von mir weiter bewegt werden würde, ohne etwas daran zumachen, folgten für mich schnell größere Kosten.

Ich habe durch meine Tätigkeit in der Händlerhotline bei einem großen Automobilhersteller, leider immer wieder feststellen müssen, mit welcher Ignoranz Mechaniker und vor allem Meister an Ihre Arbeit gehen. Durch die Unfähigkeit des Werkstattpersonals, Prozesse logisch durchdenken zu müssen, passiert es leider immer wieder, dass hohe Folgekosten für den Endkunden anstehen. Die wären vermeidbar wenn nicht permanent ein Chaos in den Werkstätten herrschen würde.

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