Extrembedingungen
Materialien unter Extrembedingungen
Dieses Problem, welches erstmals von Einstein kurz nach seinem berühmten Jahr 1905 (annus mirabilis) formuliert wurde, beinhaltet eine auf den ersten Blick simple Fragestellung: Wie wird die Energie bei kontinuierlicher Wärmezufuhr im Festkörper gespeichert und welche Mechanismen sind letztendlich für die Aufweichung des kristallinen Gitters und damit für das Versagen des Materials verantwortlich? Diese Frage, 1921 von einem weiteren Nobelpreisträger (Max Born) aufgegriffen, konnte jedoch weder von ihm noch von einer Vielzahl weiterer Forscher auf Grund der Unmöglichkeit, genaue Messungen der Wärmekapazität in der Nähe des Schmelzpunktes durchzuführen (siehe Abb.), beantwortet werden. Durch die Zusammenführung von zwei wichtigen Disziplinen der Physik, der Quantenmechanik und der Thermodynamik, gelang es einem jungen Forscherteam in der Abteilung Computergestütztes Materialdesign (CM) am MPIE, das experimentelle Labor quasi auf den Rechner zu holen und damit dieses Rätsel für eines der am häufigsten untersuchten Systeme, einkristallines Aluminium, zu lösen. In der am 13.04.2009 veröffentlichten Analyse1 wiesen die Wissenschaftler nach, dass erst ein bislang nicht vermutetes Zusammenspiel bisher einzeln und äußerst kontrovers diskutierter Mechanismen die Eigenschaften von Festkörpern bei extrem hohen Temperaturen bestimmt. Dies ist ein wichtiger Durchbruch, um künftig experimentell nicht zugängliche Materialeigenschaften direkt auf dem Computer zu bestimmen.
Literatur:
- 1 B. Grabowski, L. Ismer, T. Hickel und J. Neugebauer: Ab initio up to the melting point: Anharmonicity and vacancies in aluminium, Physical Review B 79, 134106 (2009).
- 2 Eine allgemeinverständliche Besprechung des Artikels findet sich unter:G. Grimvall: Turn off the lab furnace and boot up the mainframe, Physics 2, 28 (2009). frei erhältlich unter: http://link.aps.org/doi/10.1103/Physics.2.28