Herr Minister, übernehmen!

Veröffentlicht am: 4. August 2007Von

[08-2007] Wir schreiben das Jahr 1989. Das Schulungsgebäude des DAG-Technikums, ein schöner, repräsentativer Bau in Osnabrück, wird übergeben. Ein großer Moment, immerhin wurden damals etwa zehn Millionen Mark investiert – alles ohne staatliche Hilfe. Was hat das mit Autos zu tun…?

Großer Bahnhof war angesagt, der Oberbürgermeister von Osnabrück, Landrat – alles was Rang und Namen hatte, war da. Auch der damalige bis 1991 amtierende Bundesminister für Bildung und Wissenschaft Jürgen W. Möllemann (am 5. Juni 2003 bei einem Fallschirmabsprung tödlich verunglückt).

Ein Tag vor dem Fest waren die Sicherheitsbeamten des Ministers vor Ort. Die Lage wurde als „unkritisch“ eingestuft. Osnabrück ist zwar Universitätsstadt – aber mit Krawallen oder Übergriffen war nicht zu rechnen.

Möllemann fuhr mit einer Limousine vor, die sofort abgezogen und schon zum nächsten Termin geschickt wurde, da Herr Minister ab Osnabrück mit einem Hubschrauber zum nächsten Ort „verlegte“. Also musste das DAG-Technikum den Transport zur Kaserne sicherstellen. „Herr Kebschull, Sie waren Hauptmann bei der Bundeswehr, Möllemann auch, der war bei den Fallschirmjägern. Sie übernehmen!“ „Jawohl, übernehmen!“

Ich bekam also den Mercedes 300 meines Chefs in die Hand gedrückt und war erst einmal sprachlos. OK, Beurteilung der Lage, Endschluß. Erst einmal musste der Wagen durch die Waschanlage, dann Papiere und andere Requisiten im Kofferraum verstaut werden. Karte: Wo ist die Kaserne in Osnabrück? Obwohl ich schon etwa ein halbes Jahr in Osnabrück gearbeitet habe, war ich völlig ortsfremd. Viel Zeit blieb nicht mehr? Möllemann hat seine Rede gehalten, bekam eine kurze Führung und dann ab ins Auto. „Wir müssen uns beeilen“, so Möllemann zu mir. „Sorry, aber ich bin leider ortsfremd, können Sie die Navigation übernehmen, Herr Hauptmann?“, fragte ich forsch. Kein Problem. Möllemann wurde in die Karte eingewiesen, und „franste“ zielsicher zur Kaserne.

 

Nicht einmal haben wir uns verfahren. Sichtlich stolz auf seine Leistung verabschiedete sich der Minister. Es hat ihm selbst Spaß gemacht, mit dieser etwas ungewöhnlichen Situation fertig zu werden.    

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