Für die einen ist der eSprinter nur ein Nutzfahrzeug, für die anderen auch im Bereich Gewerbe ein Aufbruch in andere Welten. An der Ladesäule sucht man den Kontakt zu uns. Manche fahren sogar eine Extra-Schleife. Noch nie wurde ein großes Nutzfahrzeug an einer Ladesäule gesehen: hier ist der eSprinter!
Eine neue Ära bei Mercedes-Benz?
Klar! Viele Menschen sagen ja, die deutschen Hersteller haben wieder einmal einen Trend verschlafen. Das stimmt so nicht. Richtig ist, dass Hersteller wie BMW, Volkswagen, Audi und Mercedes-Benz erst einmal abwarten, ob man mit dem „Trend“ Geld verdienen kann. Wenn ja, muss auf den fahrenden Zug aufgesprungen werden, auch wenn Tesla schon zwei runden Vorsprung hat. Aber damit haben die deutschen Hersteller ja gute Erfahrung: bei einem 24-Stunden-Rennen gewinnt meistens nicht der schnellste im Feld, sondern der, der mit den wenigsten Fehlern unterwegs ist und das beste Gesamtpaket anbietet.
Aber zurück zum eSprinter. Wir waren mit einem Sprinter schon am Gardasee und haben über 3.000 Kilometer Erfahrung mit so einem „Monster“ von Auto. In Düsseldorf haben wir die Chance gleich zweimal genutzt, den eSprinter zu testen (Fahrbericht (kurz) - Mercedes-Benz eSprinter).
Was ist das Besondere?
Mercedes-Benz EQV und eVito sind bereits mächtig groß als 8- oder 9-Sitzer. Da muss man schon wie ein LKW-Fahrer ausholen, wenn man in eine enge Straße hineinfährt. Der eSprinter ist da noch eine Nummer größer. Die Daten beeindrucken und bei der Überlegung zu parken ist wichtig: komme ich das auch wieder raus… Weiterhin wichtig ist, die Höhe zu beachten: Kommen wir eigentlich unter der Eisenbahnbrücke durch, wenn wir nach Lingen (Ems) fahren? Ja, die ist 3,20 Meter hoch.
Länge: |
5245–7345 mm |
Breite: |
1993 mm |
Höhe: |
2435–3055 mm |
Radstand: |
3250–4325 mm |
Rückblick
Erinnerungen werden wach; das muss so 1963 gewesen sein: Damals habe ich als 8-jähriger Junge mit meinem Onkel die „Tante Emma“- Läden beliefert. Es war ein Mercedes-Benz mit Spriegel Aufbau. Schon damals bin ich „gefahren“: ein länglicher Bauklotz diente als Gas, einer viereckiger als Bremse. Ich habe damals gut verdient: jedes Mal beim Abladen habe ich einen Groschen (10 Deutsche Pfennige), eine Tafel Schokolade oder eine Orange bekommen.
Dann mal los
Die Handhabung ist denkbar einfach: ein Fuß auf die Bremse, Startknopf, Ganghebel auf D und los. Natürlich erst einmal auf E+ umstellen (kleiner Knopf unterhalb der Start-Stopp-Taste), über die Wippen am Lenkrad auf D- (höchste Rekuperation). Weitere Erläuterungen, siehe Tabelle unten). Klimaanlage aus und sanft Gas geben. Der eSprinter „sprintet“ nicht gerade los, weil er mit 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht und 0,5 Tonnen Beladung (Sandsäcke) ja auch ganz gut zu schleppen hat. Aber trotz E+ hat der eSprinter 270 Nm Drehmoment und damit kann man sogar mal einen Trecker überholen.
Daten & Fakten
Motor |
Elektro |
Leistung kW (PS) |
70 kW (dauerhaft) 85 kW |
Drehmoment (Nm) |
270 bis 290 |
Getriebe |
1-Stufen-Getriebe |
0-100 km/h (sec) |
- |
Zul. Gesamtgewicht (kg) |
3.500 |
Vmax (km/h) |
160 |
CO2 in g/km |
0 |
Reichweite WLTP (km) |
120 bis 168 |
Schadstoffklasse |
A+ |
Verbrauch kombiniert (kWh/100 km) |
32,5 |
Ladekapazität DC (kW) |
80 |
Ladekapazität AC (kW) |
7,4 |
Batterie brutto / netto (kWh) |
47 / 35 |
Laderaum (m3) |
11 |
Grundpreis |
54.090 Euro |
Testwagenpreis |
86.293 Euro |
Fahrprogramme
Fahrleistung |
Drehmoment |
Heizen/Kühlen |
|
C & Agilität |
Max. 85 kW |
dynamisch |
volle Leistung |
E & Komfort |
Max. 85 kW |
langsam |
limitiert Leistung (abhängig von Außentemperatur) |
E+ |
Max. 70 kW |
eingeschränkt |
niedrige Leistung |
Rekuperation
Modus |
Stärke |
Maximale Verzögerung (m/s2) |
D- |
Max |
-1,5 |
D |
Normal |
-1,0 |
D+ |
Schwach |
-0,5 |
D++ |
Segeln |
0 |
Ausstattung
Der Mercedes-Benz eSprinter startet als Kastenwagen 312 (Standard) bei 54.090,00 Euro* und landet am Ende (Testwagen) bei 86.292,85 Euro.
Wichtig wäre auf jeden Fall, falls keine Wallbox vorhanden ist, eine 2 KW Ladebox für 230 Volt. Die Kosten betragen unter 200 Euro. Zur Zeit (bis zum 31.05.2021*) gibt es bis zu 14.000 Euro* als Mobilitätsprämie. Die gesamte Ausstattung incl. Preise auf der nächste Seite.
Der Mercedes-Benz eSprinter im Alltag
Hier geben wir ja häufig die Anzahl der Wasserkisten an, um einen Eindruck des Kofferraumvolumens zu verschaffen. Beim Mercedes-Benz eSprinter kann man die Anzahl der Paletten angeben: 11 m3 ist schon eine „Hausnummer“.
Der Mercedes-Benz eSprinter hat es bei -3 Grad am Morgen natürlich schwer -- wie alle (Elektro-) Autos. Da ist man erst einmal nicht im E+ Modus unterwegs, weil es sonst einfach nicht warm wird im Auto. Auf jeden Fall würde ich einen dritten Sitz (+ 400,- Euro netto) ordern. Weil man sicher auch als Gewerbetreibender mal mit drei Leuten unterwegs ist.
Lademeister
Überrascht hat uns, dass keine Ladebox für 230 Volt vorhanden war. Dann dauert der Ladevorgang zwar 20 bis 26 Stunden, aber nach 12 Stunden (über Nacht) hat man immerhin so 50-60 km Reichweite „zusammengesammelt“.
Enttäuscht waren wir, dass der eSprinter nur mit 7,4 kW AC lädt. Gerade, wenn man vielleicht einen Ladestopp von vielleicht nur 2 Stunden hat, käme man mit 22 kWh schon „eine Ecke weiter“ als mit 14-15 kWh. Wir fordern hier eigentlich – wie es Audi und Porsche ab dem Modelljahr 2021 machen – einen 22 kW AC On-Board Lader.
Positiv überrascht waren wir vom DC-Lader, der offiziell 80 kW lädt, aber wir haben auch schon bis 88 kW gesehen. Vor allem saugt er schon ab 30% mit etwa 50 kW, ab 80% mit 89 kW und drosselt erst ab 99% auf 45 kW. Von 0 auf 100% in etwa 30 Minuten, das ist beeindruckend!
Förderprogramm „Elektrische Nutzfahrzeuge“
Mercedes-Benz eVans und FUSO eCanter machen attraktiven Leasingraten möglich:
- Mercedes-Benz Bank unterstützt mit der Leasing-Aktion E-Mobilität die Handwerksunternehmen, sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
- Attraktive Leasingraten sind ab dem 01. März 2021 verfügbar für den Mercedes-Benz eVito Kastenwagen, den eSprinter, sowie FUSO eCanter2.
- Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert mit einem Volumen von insgesamt 2,9 Mio. Euro.
Weitere Informationen bei Ihren Mercedes-Benz Nfz Partner.
Ladestopps
Start 16:10 | 5 km, 3 %, laden mit 39 kW | 30% 57 kW | 100 % 16:40 Uhr | 46% 71 kW | 50% 80 kW | 72% 85 | 83% 87 kW | 90 % 89 kW | 96% 88 kW | 98 % 50 kW | 100% 16:40 123 km Reichweite, Kosten 14,62 Euro
- 06.03. Ibbenbüren 22kW-Lader: 10:40 71 km 55 % | 100% 13:50 7,1 kW 11:40 93 km 69 %
- Emsflower 5% 6 km, 40 kW 15:45 Ende 16:17 | 29% 48 kW | 44% 65 kW | 50 % 76 kW | 61% 84 kW | 73 % 86 kW | 81% 89 | 94% 87 kW | 98% 85 kW | 99 % 45 kW 100 % Reichweite 138 km
Long-Run
Der Long-Run war natürlich nicht wirklich long. Selbst nach Bochum (145 km Entfernung) hätten wir schon einen Ladestopp einplanen müssen; wobei das Planen dann via Lade-Apps oder Mercedes Pro connect App erfolgt.
Aber wir haben trotzdem „brav“ unsere täglichen Testkilometer heruntergespult. Wir haben auch zahlreiche Teststrecken zweimal gefahren.
Kraftstoffverbrauch
Natürlich ist klar, dass so ein 3,5 Tonnen „Möbelwagen“ für uns zwar ein „Spaßmobil“, aber kein Sparmobil ist. Eine einfache Rechnung zeigt, dass bei 35 kWh Batterie und 35 kWh/100 km ist nach 100 km Schluss ist. Und natürlich ist es im Winter auch kein Kunststück sogar 40 kWh zu verbrauchen. Aber als eGas-Pedal-„Künstler“ haben wir auch mit Verbräuchen von 24 bis 30 kWh/100 km geglänzt. Natürlich hatte ich bei 24 kWh/100 km auch wohl auch etwas Bergabfahrt und Rückenwind dabei.
So testen wir auf der aom-Vergleichsrunde.
Modus |
Strecke [km] |
Geschw. [km/h] |
Verbrauch [kWh/100km] |
aom- |
55 |
51 |
31 |
Super-Spar |
15 |
51 |
30 |
Landstraße sparsam |
12 |
56 |
24 |
Landstraße sportlich |
35 |
67 |
38 |
Landstraße 1 |
60 |
57 |
31 |
Landstraße 2 |
60 |
54 |
30 |
Landstraße 1+2 |
120 |
- |
- |
BAB 80 |
20 |
78 |
31 |
BAB 100 |
20 |
92 |
34 |
BAB 130 |
20 |
106 |
46 |
Stadt |
16 |
27 |
26 |
Pendler |
30 |
35 |
28 |
Ladestopps, s. oben. |
Testverbrauch nach 1.058 km, 56 km/h, 29,0 kWh/100 km.
Pro & Contra
+ |
Riesenauto, mit viel Platz für Mensch (3-Sitzer) und Material |
+ |
In etwa 30 Minuten von 10 auf 90% geladen, oft sogar von 0-100 %, ab 80% weiter mit 88 kW Ladeleistung. |
- |
Nur 110 bis 130 km Reichweite, 7,4 kW AC laden |
Fazit
Nur 100 bis 130 Kilometer Reichweite kann für manche Kunden ideal sein. Wenn man zum Beispiel jeden Tag 40 km zur Baustelle fährt und 40 km zurück. Über Nacht wird geladen. Ebenso möglich: 80 Kilometer und mehr zum Einsatzort und dort kann mit 7,4 kW oder mehr geladen werden und nach etwa 8 Stunden geht es mit 100% wieder Heim. Gerade gewerbliche Nutzer kennen sehr genau ihren Einsatzzweck.
Jetzt freuen wir uns auf die beiden anderen eAutos aus dem Bereich Nutzfahrzeuge: den EQV und den eSprinter, die wir vermutlich im Sommer vorstellen dürfen. Geplant ist auch ein Kurztest mit einem eCanter (LINK eCanter in Berlin). Endlich dürfen wir mal wieder richtig LKW fahren: 7,5 Tonnen – und das elektrisch, das ist sehr cool.
Das nächste Fahrzeug ist der Jeep Renegade 4xe – also ein Plug-In-Hybrid (Fahrbericht (kurz) Jeep Renegade und Compass 4xe ... ). Dann stellen wir den ersten elektrischen Toyota vor, den Lexus UX300 e, und danach folgt der Polestar 2 im Sommertest. Mercedes-Benz eVito und EQV sind für Mitte Juni geplant. Vielleicht klappt es dann auch mit 1 ½ Tage eCanter.
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Linktipps
- Fahrbericht (kurz) Mercedes-Benz EQV
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- Fahrberichte - Übersicht Elektroautos
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